Montag, 22. Oktober 2007

Etappe 6: Von Puente la Reina nach Estella

Es ist Sonntag, der 29. Juli 2007

Um 5 Uhr klingelt mein Handywecker und ich stehle mich aus dem Zimmer der Herberge. Jedes Mal, wenn ich den Fuß aufsetze, ist es als würde mir jemand mit einer langen spitzen Nadel in den Fußballen stechen. Die Blase tut morgens nach dem Aufstehen besonders weh. Ich packe meine Sachen zusammen, mache mich reisefertig und trete um 5:30 Uhr vor die Herberge. Es ist stockdunkel und der Mond geht gerade in einem faszinierenden Naturspektakel am Horizont unter. Leider machen mir meine Geldsorgen die Freude an diesem Schauspiel zunichte. Über Nacht sind aus den 60 Cent keine 120 oder gar mehr geworden.

In der Finsternis begebe ich mich also auf den Weg und scheinbar bin ich der einzige. Weit und breit sind keine Pilger zu sehen und ich fühle mich plötzlich so allein. Ich habe in der Dunkelheit Mühe, die gelben Pfeile zu erkennen, die den Weg weisen. Ich bin verzweifelt und könnte heulen. Wieder wünsche ich mir nur, nach Hause zu kommen, aber dazu fehlen mir alle Mittel, also laufe ich weiter. Wieder lassen die Schmerzen am Fuß beim Laufen nach und so komme ich relativ gut voran. Nur habe ich schon seit einiger Zeit keinen gelben Pfeil mehr gesehen. Es ist so düster. Was, wenn ich mich jetzt auch noch verlaufen habe!!! Nein, da in der Ferne laufen zwei Gestalten mit Rucksack. Das müssen Pilger sein. Also versuche ich so gut es geht, an denen dran zu bleiben.

Inzwischen ist es hell und auch wenn ich die beiden Pilger vor mir immer wieder zwischendurch verloren habe, fühle ich mich jetzt wieder etwas sicherer auf dem Weg. Auf einmal sehe ich sie direkt vor mir auf einem Steinhaufen sitzen. Sie machen Pause und es eröffnet sich mir, dass sie Vater und Sohn sind. Ich brauche jetzt einfach irgendwelche menschliche Nähe und frage, ob ich mich zu ihnen setzen kann, wogegen sie nichts haben. Es sind Spanier und daher können wir nicht viel reden. Ich will auch gar nicht reden. Alles was ich zu sagen hätte, würde furchtbar wehleidig und selbstbemitleidend klingen. Also sitzen wir eine Weile beieinander. Neben uns verläuft eine Art Autobahn, die aber Sonntags um diese Zeit kaum befahren ist. Nach kurzer Zeit verabschieden sich Vater und Sohn freundlich von mir und gehen weiter. Es tat gut, bei ihnen zu sitzen und hat mir wieder Zuversicht gegeben, das Ziel Estella anzusteuern. Nach einer Weile begebe ich mich auch wieder auf den Weg. Die Landschaft ist auch trotz der Autobahn ganz angenehm. Ich komme an eine Kreuzung. Links geht es in den kleinen Ort Maneru auf dem Jakobsweg weiter. Eine Art Abfahrt von der Autobahn führt in den Ort. Der Weg ist nicht ganz eindeutig und ich schaue mich noch etwas verunsichert um. Da höre ich plötzlich meinen Namen: "Dirk!" Ich denke, ich habe mich verhört und schaue weiter, wo der Pfeil ist. Da höre ich es wieder: "Dirk!". Ich drehe mich um und sehe von hinten ein vertrautes Gesicht auf mich zu kommen. Es ist Roy, mein irischer Mitpilger, der auch schon auf den Beinen ist. Wir sprechen nur kurz miteinander. Er sagt mir, dass er seine Füße schonen will und deshalb auf der Autobahn läuft. Er hat schlimme Blasen an den Füßen. Dann fragt er, ob ich ihn begleiten möchte. Für einen kurzen Moment überlege ich. Die Gemeinschaft mit einem vertrauten Mitpilger wäre mir jetzt sehr wichtig. Andererseits sollte ich in den kleinen Ort gehen und schauen, ob dort vielleicht ein Geldautomat ist, der mir Geld gibt, obwohl mein Wanderführer eine solche zivilisatorische Leistung in Maneru nicht vorsieht. Hinzu kommt, dass ich befürchte, den Weg zu verlieren. Ich schaue zu Roy und beschließe, ihm von meiner Situation zu erzählen. Ich sage ihm, dass ich unbedingt in den Ort gehen muss um einen Geldautomaten zu finden, weil ich nur noch 60 Cent in der Tasche habe und daher nicht mit ihm laufen kann. Daraufhin zögert Roy nicht einen Moment, greift in seine Tasche und kramt einen Zwanzig Euro Schein hervor. Er reicht ihn mir und sagt: "Here, take this. If we see each other again, you can pay me back. If we don't, it'll be alright." (Hier, nimm das. Wenn wir uns wiedersehen, kannst Du es mir ja zurückzahlen, falls nicht, ist es auch in Ordnung.) Ich lehne erst ab, aber Roy besteht darauf und so nehme ich sein Geld. Er lächelt, wünscht mir alles Gute und läuft weiter auf der Straße. Ich gehe einen abschüssigen Weg hinab in den Ort und erkenne jetzt erst, was gerade passiert ist. Jemand mir völlig fremdes, jemand, dessen Nachnamen ich nicht einmal kenne und den ich erst ein paar Tage kenne und nur sporadisch gesprochen habe, hat mir völlig selbstlos zwanzig Euro überlassen ohne eine Garantie, es wiederzubekommen. Vielmehr noch, dieser Mensch hat dabei nicht gezögert und mir mit dieser Geste auf einmal die Sicherheit gegeben, in den nächsten zwei bis drei Tagen auf dem Camino zu überleben. Bis dahin könnte es eine Lösung des Problems geben. Als mir die Tragweite dieses Momentes bewusst wird, fließen mir dicke Tränen über's Gesicht und in dem Moment ist mir völlig egal, ob ich gerade durch einen spanischen Ort laufe. Ich bin so gerührt und überwältigt und ein tiefes Gefühl der Dankbarkeit überkommt mich. Plötzlich führte dieser Jakobsweg mitten durch mein Herz und zeigte mir eine dieser Situationen, von denen man vielleicht gelesen hatte, die ich aber nie für mich selbst erwartet hätte.

Ich laufe also irgendwie weiter und beruhige mich wieder. Der Weg macht aber auf einmal wieder mehr Spaß; die Schmerzen an den Füßen waren ohnehin eben vergessen. An einer Hauswand lacht mich plötzlich eine Errungenschaft der Technik an, die man im Spanischen mit "Telebanco" bezeichnet und die nichts anderes, als ein Geldautomat ist. Ich versuche mein Glück und als dieses Maschinchen plötzlich lustig bunt bedrucktes Papier ausspuckt, ist mein Tag endgültig gerettet und alle Not überwunden.
Nach einiger Zeit habe ich mich wieder gefangen, fühle mich aber auf einmal so leicht und froh, dass ich mich wieder auf den Weg und die Umgebung konzentrieren kann, dass gleich alles viel besser geht. Landschaftlich geht es durch Felder und Weinberge in schöner Abwechslung, aber es wird auch wieder ordentlich warm auf dem Weg. Gegen Mittag komme ich durch Villatuerta und an einer weiteren Einsiedelei vorbei. Mir scheint es jetzt nicht mehr weit bis nach Estella zu sein, aber irgendwie zieht sich der Weg jetzt sehr lang hin. Endlich komme ich in brütender Hitze und nach all der seelischen und körperlichen Anstrengung an und bekomme einen Platz in der Herberge. Leider ist die nicht sonderlich schön und riecht irgendwie penetrant nach Desinfektionsmittel, aber das ist mir ziemlich egal. Ich ruhe mich aus, esse etwas und lerne dabei ein nettes älteres Ehepaar aus Frankreich kennen sowie zwei nette junge Österreicherinnen, die mir sogar was zu Essen anbieten. Aber ich bin leider schon satt und durch die abendliche Abkühlung schaue ich mir dann doch noch die Stadt Estella an. Meine Füße tun noch immer weh, aber ich habe das Gefühl, dass es etwas besser wird. Am Abend treffe ich dann sogar die beiden Berchtesgadener Sabine und Julian in der Herberge wieder und wir unterhalten uns und lernen uns so wieder ein Stückchen besser kennen. Leider kann ich mit dem bayerischen Dialekt immer noch nichts anfangen, merke aber, dass die beiden sich große
Mühe geben, ordentlich Deutsch zu sprechen. Sabine finde ich aufgrund ihrer lockeren Leichtigkeit manchmal richtig lustig.


Später kommen noch einige Radfahrer in der Herberge an, die nun wirklich krachend voll ist. Ich gehe beizeiten zu Bett und versuche trotz der noch umherscheuchenden Spätankömmlinge zu schlafen. Was für ein Tag! Voller Leid und voller Freud!

Donnerstag, 18. Oktober 2007

Etappe 5: Von Obanos nach Puente la Reina

Es ist Samstag, der 28. Juli 2007.

Am Morgen breche ich nicht ganz so früh auf, da ich weiß, dass meine heutige Etappe nur kurz sein wird. Mein Fuß schmerzt allerdings bei jedem Auftreten so sehr, dass ich befürchte, für die wenigen Kilometer bis nach Puente doch lange zu brauchen. Mit Mühe fahre ich in die Wanderschuhe und verlasse die Herberge.

Humpelnderweise wandere ich durch das verschlafene Obanos. Von der Generalprobe gestern Abend ist nichts mehr zu sehen und kurz denke ich, ich hätte das geträumt. Der Ort wirkt wieder sehr friedlich in der aufgehenden Sonne und auch wenn ich durch die Blasen an den Füßen stark eingeschränkt bin, merke ich, dass die Schmerzen nach einiger Zeit des Laufens erträglich werden. Also versuche ich so gut es geht, die Landschaft zu geniessen und langsam weiterzukommen.

Nach fast zwei Stunden erreiche ich Puente la Reina. Es ist gerade mal 9 Uhr und meine Füße schmerzen nun doch wieder sehr. Es scheint auch wieder ein sehr heißer Tag zu werden. Gleich am Ortseingang soll eine schöne Herberge sein, die Teil eines Hotels ist. Ich gehe hin und frage nach, ob ein Platz für mich frei ist, doch die Dame sagt, es wäre schon alles voll. Ich frage mich, wie das sein kann, morgens um 9 Uhr, diskutiere aber nicht mit ihr. Vielleicht hatten noch mehr das Problem mit den Füßen und waren einfach eher da?! Wahrscheinlicher ist, dass sie entweder schon für eine Pilgergruppe eine Reservierung vorliegen hat oder dass sie so früh grundsätzlich niemanden aufnimmt. Naja, ich bin nur leicht verzweifelt, als Mario, der Deutsche aus Obanos, auch auftaucht und ob der Nachricht über die bereits ausgebuchte Herberge auch etwas enttäuscht zu sein scheint. Also beschließen wir, erstmal einen Kaffee zu trinken und zu frühstücken. Das dauert dann schnell eine gute Stunde. Zwischendurch treffe ich an der Bar auch wieder auf Carla, die Südafrikanerin, die offensichtlich gestern Nacht einen Platz in dieser Herberge bekommen hat und nun weiterläuft. Ich verabschiede mich von ihr, nachdem uns beiden klar ist, dass wir uns wohl aufgrund meiner Pause hier, nicht wiedersehen werden.

Bald darauf brechen Mario und ich auch auf. Man hatte uns eine Etappe vorher einen Flyer in die Hand gedrückt, auf dem eine ganz neue Herberge am anderen Rand von Puente la Reina angepriesen wurde. Diese wollen wir nun suchen.

Wir kommen bei unserer Suche jetzt erst so richtig nach Puente, laufen an der Malteserkirche vorbei, auf deren Turm Störche ihre Herberge gefunden haben. Dann werden wir von ein paar sehr betrunkenen Jugendlichen auf Spanisch vollgelabert - nicht unfreundlich aber flüssig - und labern sie einfach auf Deutsch wieder an. Damit ist der Grundkonsens zwischen uns in der gegenseitigen Unverständlichkeit gefunden und wir ziehen weiter. Es fällt uns aber auf, dass es in Puente offenbar eine Fiesta gegeben hat. Später erfahren wir dann, dass diese Fiesta auch noch das ganze Wochenende andauert und dabei junge Stiere durch die Gassen getrieben werden, ähnlich wie das auch in Pamplona während der Sanfermines gemacht wird.

Wir durchstreifen die Altstadt von Puente la Reina und treffen am Ortsausgang auch auf die berühmte und wunderschöne mittelalterliche Brücke, nach welcher der Ort benannt ist. Puente la Reina heisst nämlich Brücke der Königin. Ich bin vom Anblick und Überqueren der Brücke so fasziniert, dass ich sogar meine Schmerzen für einen Moment vergesse. In herrlichen weiten Bögen überspannt sie den unter uns gemächlich dahinfliessenden Rio Arga. Gleich dahinter geht es einen kleinen Hügel hoch und dort ist die von uns gesuchte Herberge. Wir sind etwas in Sorge, ob man uns morgens um 11 Uhr schon einlässt, aber der einzige Hospitalero, der da ist, hat damit kein Problem. Geschafft! Jetzt kann ich die Füße hochlegen und mich für den Rest des Tages ausruhen. Die Herberge ist in der Tat ganz neu und lässt aufgrund des großen Gartens mit Swimming Pool, Liegewiese, Sonnenliegen und dem fantastischen Wetter Urlaubsgefühle aufkommen. Es wird wieder sehr heiß und so entschließe ich mich das Angebot unserer "Club Med"-Herberge auszuschöpfen. Am Nachmittag steige ich in den Pool und verlagere somit die körperliche Aktivität von den Füßen auf den Rest des Körpers. Auf einmal taucht ein mir bekannter Pilger ebenfalls in der Herberge auf und die Freude ist bei uns beiden groß: es ist Roy, der Ire, den ich auf dem Weg nach Roncesvalles zum ersten Mal getroffen habe. Wir setzen uns gemeinsam an ein schattiges Plätzchen und unterhalten uns mit einem Paar älterer Leute. Beide sind circa 80 Jahre alt; die Dame kommt aus den USA und der Mann kommt aus Neuseeland. Beide sind wohl nicht verheiratet, aber eng befreundet und wandern gemeinsam auf dem Jakobsweg. Unglaublich, in diesem Alter! Wir sprechen sehr lange miteinander und ich bin zutiefst von der Lebensgeschichte dieser beiden alten Leute beeindruckt.

Da meine Geldreserven aufgebraucht sind und ich gerade noch 60 Cent habe, mache ich mich am späten Nachmittag auf, um in der Stadt beim Geldautomaten Geld zu holen. Außerdem möchte ich ein paar Fotos machen und mir die Stadt noch einmal in Ruhe ansehen. Trotz noch immer schmerzender Füße, humpele ich also den Hügel wieder hinab und begebe mich in die Innenstadt. Die Sonne brennt auch jetzt noch sehr stark. Beim ersten Geldautomaten erhalte ich die Meldung, dass die von mir gewünschte Aktion (Geld abheben) nicht möglich sei und ich Kontakt mit meiner Bank aufnehmen soll. 'Wenigstens kommt die Karte wieder raus!' denke ich mir und gehe einfach weiter um einen anderen Automaten zu finden. Etwas komisch ist mir aber jetzt schon. Ich hatte immer gedacht, dass das Schlimmste, was auf dem Weg passieren könnte, der Verlust der Geldkarte sei, weil man dann nichts mehr machen könnte. Bei Krankheit kann man einen Arzt aufsuchen, bei Verlust des Ausweises könnte man Kontakt zur Botschaft aufnehmen aber bei Verlust der Geldkarte, was macht man dann?

Ich gehe also weiter und merke dabei, dass die Fiesta in Puente schon fast wieder beginnt. Zahlreiche Straßen und Gassen sind abgesperrt um den Stieren freien Raum zu lassen. Die Leute sind aufgekratzt und die Kinder rennen fröhlich und aufgeregt durch die Gassen. Ich kann diese freudige Situation nicht wirklich genießen, denn erstens tun mir meine Füße so furchtbar weh und zweitens habe ich kaum noch Geld. Ich treffe auf einen weiteren Geldautomaten und mir scheint, dies ist der letzte hier. Ich probiere es wieder und erhalte zu meinem Unglück die gleiche Antwort wie bei dem anderen Gerät. Jetzt bin ich durcheinander. Was soll ich jetzt machen?! Ich habe noch 60 Cent, wohl aber die Übernachtung und das Abendessen in der Herberge schon bezahlt. Das heisst, der heutige Tag und die Nacht sind gesichert. Aber was dann? Ziemlich niedergeschlagen und nervös mache ich mich auf den Rückweg zur Herberge. Die ollen Stiere sind mir plötzlich egal, aber doch nicht so egal, dass ich auf ihrer Piste laufe. Ich gehe also um die Altstadt herum zurück zur Herberge. Dann muss ich diese Sache irgendwie klären, also rufe ich zu Hause bei meinen Eltern an. Nun ja, es ist Samstag Nachmittag und weder in Spanien noch in Deutschland haben die Banken da geöffnet! Und morgen ist Sonntag, da ist auch nichts offen. Meine Eltern können mir auch nicht sehr helfen, obwohl es mir schon hilft, die Sache mit ihnen zu besprechen. Jetzt wird mir das ganze Ausmaß der Situation bewusst und ich fühle mich vollkommen verloren. Am liebsten möchte ich die Reise jetzt abbrechen, aber ich habe noch nicht mal genug Geld um nach Hause zu kommen. Ich spreche kurz mit Mario darüber, der zwar anbietet, mir Geld zu leihen, aber auch nicht sonderlich begeistert zu sein scheint. Es gibt also für mich nur eine einzige Möglichkeit: ich werde morgen einfach weiterlaufen müssen um nach Estella zu kommen und dort wieder einen Versuch am Geldautomaten starten. Aber Estella ist 23 km entfernt und meine Füße beschweren sich schon beim Gedanken an die Zahl. Es geht aber nicht anders. Das ist die einzige Option.

In meiner Verzweiflung nehme ich mein schon bezahltes Pilgermenü am Abend in der Herberge ein. Man bekommt eine ganz andere Perspektive zu einem Essen in solch einer Situation. Am besten lässt es sich wohl mit einer Henkersmahlzeit vergleichen. Am Tisch sitzen nur Deutsche. Ich lerne Berith und Konstanze, zwei befreundete Lehrerinnen aus Jena kennen und mir gegenüber sitzen Sabine und Julian aus Berchtesgaden, die als Mutter und Sohn unterwegs nach Santiago sind. Wir haben einen angenehmen Abend, obwohl er für mich nicht wirklich spaßig ist. Die beiden Niederbayern mir gegenüber finde ich lustig, auch wenn ich mich ihnen durch den bayerischen Dialekt nicht wirklich verbunden fühle. So geht der Abend dahin und sehr angespannt und verzweifelt gehe ich schließlich schlafen. Morgen steht mir eine Reise ins Ungewisse bevor.

Samstag, 13. Oktober 2007

Etappe 4: Von Pamplona nach Obanos

Es ist Freitag, der 27. Juli 2007.

Zum Frühstück in der Casa Paderborn treffe ich am morgen auf drei weitere Deutsche - einen Hamburger, der noch am selben Tag zurückreisen wird und Angelika und Felix, ebenfalls aus Norddeutschland, die als Oma und Enkel gemeinsam auf dem Weg nach Santiago sind. Nach diesem angenehmen "deutschen" Frühstück mache ich mich aber auf, um durch das morgendlich verschlafene Pamplona meinen Weg fortzusetzen. Nach einer Weile verlasse ich die Stadt und wandere noch an der Universität von Navarra vorbei in den Morgen. Das Wetter ist wieder bilderbuchartig, aber mittlerweile betrachte ich diesen Zustand zwiespältig, denn so schön das auch am Morgen noch ist, die Ahnung wie heiss es dann am Mittag sein wird, trübt das Ganze doch schon ein wenig.

Hinter Cizur Menor treffe ich auf einen Pilgertrek, der aus vielen verschiedenen Mitpilgern besteht, die alle in ein wenig Entfernung voneinander voranschreiten. Unter ihnen bemerke ich auch Alex, den jungen Engländer, den ich noch aus St-Jean kenne. Außerem treffe ich auf zwei junge Deutsche - Sebastian und Julian - die wirklich noch sehr jung sind und offenbar den Fehler gemacht haben, auf ihrer ersten oder zweiten Etappe gleich fast 40 km zu laufen. Dementsprechend fühlen sie sich auch und besonders Julians Füße beschweren sich nun. Ich entschliesse mich, immer mal ein Stückchen mit ihnen zu laufen und erkenne, dass sie oft auch kleine Fehler machen und sich so selbst das Leben auf dem Camino erschweren.

Auf dem Weg treffe ich auch auf zwei Frauen, die ebenfalls gemeinsam laufen. Lili kommt aus Deutschland und Heidi aus Kärnten in Österreich und beide haben sich auf dem Flughafen von Pamplona kennengelernt und sind seither gemeinsam unterwegs.

Am Vormittag erreichen die beiden Jungs und ich Zariquiegui (Bild rechts), wo wir gemeinsam rasten und uns mit frischem Brunnenwasser versorgen, denn vor uns steht der Aufstieg über den Alto del Perdón, einer Gebirgskette, die uns schon seit längerem aus der Ferne ansieht und die mit Windrädern am Kamm übersät ist (Bild unten).





Der Aufstieg ist schwierig, aber machbar. Wir sind aber so angestrengt, dass wir nicht groß miteinander reden und so begleitet uns beim Aufstieg lediglich das Geräusch des Windes und ein seltsam mechanisches Summen der Windräder, das noch deutlicher wird, je näher man kommt. Ich würde es fast als den "basso continuo" des Alto del Perdón bezeichnen.









Dann endlich haben wir es geschafft und den Gebirgskamm erreicht. Ziemlich erschöpft setzen wir uns nieder. Von hier oben hat man eine herrliche Aussicht über die Ebene zurück nach Pamplona und voraus in die Ebene, die nun vor uns liegt (Bild oben links). Man kann sogar schon so einigermaßen das Etappenziel in der Ferne ausmachen. Die Jungs sind allerdings wenig motiviert.

Oben am Kamm stehen viele Figuren aus Metall, die zusammen ein Pilgerdenkmal sein sollen. Ich finde die allerdings nicht sehr schön und habe eher den Eindruck, als sei es eine verrostete Darstellung eines alten Kreuzfahrerheeres.

Nun geht es an den Abstieg vom Alto del Perdón und der gehört bestimmt zu den schlimmsten Dingen, die ich bisher erlebt habe. Es geht schrecklich steil bergab und der Weg ähnelt einem ausgetrockenen Flussbett. Das heisst, er besteht nur aus Steinen und Geröll und man muss furchtbar aufpassen, dass man keinen Fehltritt tut und abrutscht. Zu allem Übel wird es nun in Richtung Tal auch wieder sehr heiss und das alles wird jetzt richtig schlimm. Vor allem in den Schultern und an den Füßen habe ich wieder heftige Schmerzen. An den Füßen drücken die Blasen und die Schultern ächzen unter dem Gewicht des Rucksacks. Immer wieder suchen wir uns ein schattiges Plätzchen um mal kurz auszuruhen. In Uterga verabschiede ich mich von den beiden Deutschen, die länger Pause machen wollen und sich statt Brunnenwasser lieber eine Cola gönnen. Ich finde, sie machen schon wieder einen Fehler, lasse sie aber zurück und marschiere allein weiter.

Jetzt ist es Mittag und jeder auch nur kleinste Schatten ist für mich ein Geschenk Gottes. Die Hitze ist unbarmherzig und außerdem kommen auch immer wieder irgendwelche Fliegen um mich herumgeflogen, was mich zur Weißglut bringt. Ich laufe stur durch, mache nur kurze Pausen um zu trinken und den Rucksack fünf Minuten abzusetzen. Dann geht es gleich weiter. Nur die Herberge in Obanos kann mich von diesen Dingen erlösen.

Gegen 14 Uhr erreiche ich Obanos, muss aber vor dem Ort noch eine steile Betonstrasse bergauf laufen, auf die die Sonne niederprasselt und die dadurch gleissend weiss auch noch auf die Augen schlägt. Der Ort selbst glüht auch in der Hitze und scheint menschenleer. Nur ein paar Bauarbeiter sind noch irgendwie am arbeiten - ein Wunder, wie die das aushalten!

Ich komme in der Herberge an und bin der vierte Herbergsgast. Vor mir kommt auch gerade ein Deutscher namens Mario an. Der Schlafsaal ist herrlich kühl, die Duschen sauber und es ist angenehm ruhig. Was für eine Belohnung nach all der Plage. Die Herberge ist richtig gemütlich. Es ist ein altes Haus mit Holzbalken an der Decke und einer urig rustikalen Küche - so stelle ich mir eine Hütte in den Bergen vor. Ich ruhe mich aus, schlafe ein wenig und esse von meinem Proviant. In den Ort zu gehen hat bei dieser Hitze ohnehin keinen Sinn und die Geschäfte machen auch erst nach der Siesta gegen 18 Uhr wieder auf (Bild unten: Kirche von Obanos).
Später dann wage ich den Weg nach draussen. Ich muss humpeln, denn vor allem die Blase am Fussballen hat sich vergrössert und zusätzliche Blasen gebildet. Der ganze Fuß ist angeschwollen und der damit entstandene Druck bereitet mir beim Laufen schlimme Schmerzen. Also gehe ich so gut es eben geht nach draussen und jetzt ist es tatsächlich erträglich, denn es setzt ein angenehmer föniger Wind ein. Obanos ist ein richtig gemütlicher kleiner Ort, der eine angenehme Ruhe und Friedlichkeit ausstrahlt. Ich steuere wegen meiner Beschwerden die Apotheke an, die sinnvollerweise gegenüber der Herberge liegt. Die Apothekerin weist mich freundlich aber direkt darauf hin, dass es nach der Siesta nicht mehr "Buenas dias!" sondern "Buenas tardes!" heisst und bedient mich erst, nachdem ich ihren Gruß richtig erwidert habe. Naja, auch Apothekerinnen haben eben ihren spanischen Stolz! Wegen meiner Blase rät sie mir zu Blasenpflaster von Compeed und erst jetzt bemerke ich, dass mich schon seit meinem Betreten des Ladens die gesamte Produktpalette von Compeed förmlich anlacht. Die scheinen also bestens auf die Pilger vorbereitet zu sein. Ich lasse mir ein paar Blasenpflaster geben und sinnigerweise steht auf der Verpackung, dass man nach Auflegen eines Pflasters möglichst drei Tage ruhen soll. Das ich nicht lache!

Am Abend scheint neben unserer Herberge ein Fest zu beginnen. Es werden Lautsprecherboxen und ein Mischpult aufgebaut, Leute laufen in historischen Kostümen herum und scheinen Theaterszenen zu spielen. Ich entscheide, mich ein wenig an die Plaza zu setzen und dem Treiben zuzusehen. Mit mir sind so ziemlich alle Generationen des Ortes vertreten. Am Abend scheinen hier alle aus ihren Löchern zu kriechen und Jung und Alt versammelt sich am Platz des Ortes. Mir gefällt, wie respektvoll alle miteinander umgehen, wie sich die Teenager treffen, die alten Leute scheinbar in ihren Sonntagskleidern einen Plausch miteinander halten oder sich um die Jüngsten kümmern und wie die anderen Erwachsenen sich um die Plaza versammeln um dem Spektakel zu folgen. Zu mir gesellt sich plötzlich ein Spanier, der aus dem Ort kommt und sich als Tomás vorstellt. Er erklärt mir, dass dies die Generalprobe eines Theaterstückes ist, welches jährlich von den Einwohnern aufgeführt wird und die Geschichte von Obanos darstellt. Es geht lustig und laut zu. Als Tomás hört, dass ich aus Deutschland komme, erzählt er mir, dass er gerne Handball spielt und so kommen wir auf die kürzlich von Deutschland gewonnene Handball-WM zu sprechen und er verneigt sich vor mir respektvoll als Vertreter des gegenwärtigen Handball-Weltmeisters. Ich finde das lustig, freue mich aber mehr darüber, dass wir uns irgendwie verständigen können.

Bald darauf gehe ich zurück in die Herberge und fasse den Entschluss aufgrund der Schmerzen an den Füßen morgen nur eine sehr kurze Etappe von 3 km bis nach Puente de la Reina zu gehen und dort einen Tag zu pausieren.

Etappe 3: Von Zubiri nach Pamplona

Es ist Donnerstag, der 26. Juli 2007.

Die Nacht in der Herberge von Zubiri war gut, wenngleich ich das erste Mal Ohrstöpsel gebrauchen musste, weil einer der Pilger in der Ecke laut geschnarcht hat. Allerdings habe ich dann ganz gut schlafen können und wache erst gegen 6:50 Uhr auf - eigentlich viel zu spät für meine Begriffe. Auch meine dänischen Freunde wachen jetzt erst auf.

Nachdem ich meine Sachen gepackt habe, kommt der Moment der Entscheidung. Aufgrund der Zeit - es ist bereits 8 Uhr - und meines Wegplanes, der mich nach Pamplona führen soll, beschliesse ich, allein weiterzugehen. Da die Dänen auch noch eine Kleinigkeit frühstücken wollen, werde ich in diesem Entschluss bestärkt. Ich nehme also Abschied von den Sechs, was mir aber sehr weh tut.

Ich laufe los und mir ist das Herz richtig schwer. Alles um mich herum ist so still, ich vermisse die Gespräche von gestern und das alles ist doch ein starker Kontrast zu dem vorherigen Tag. Wenigstens ist das Wetter schön und am morgen ist es auch noch angenehm kühl. Kurz hinter Zubiri liegt direkt am Weg eine hässliche Kiesfabrik (Bild rechts). 'Auch das ist Jakobsweg!' denke ich und stelle mir vor, wie es im Mittelalter gewesen sein muss, als es die Industrie und stark befahrenen Strassen noch nicht gab.

Nach einigen Kilometern habe ich meine Wehmut über die nunmehr wieder herrschende Einsamkeit überwunden. Ich empfinde es sogar als angenehm, wieder allein laufen zu können. So kann ich mein eigenes Tempo gehen, kann den Weg geniessen, der wunderschön ist und mich durch Wälder, entlang des ruhigen Rio Arga führt und ich kann den gestrigen Tag noch einmal innerlich reflektieren und über so manches Gespräch in Ruhe nachdenken. Das Gelände ist noch immer sehr hügelig, die Landschaft sehr abwechslungsreich. Immer wieder treffe ich auf andere Pilger und man grüsst sich freundlich. Bald schon wird es aber sehr warm und die Sonne gibt sich wieder alle Mühe, es uns Pilgern schwer zu machen. Zu Beginn ist das alles erträglich, denn die Bäume spenden uns Schatten. Nach einiger Zeit aber läuft man auf der Straße oder auf freiem Feld und dort gibt es keinen Schatten. Ich schwitze wieder sehr, meine Schultern schmerzen höllisch und ich muss oft pausieren um einfach den Rucksack abzusetzen. Einmal setze ich mich einfach zu zwei Spaniern, die sich am Wegesrand niedergelassen haben. Wir hatten uns schon vorher auf dem Weg mehrfach überholt und nun machen wir eben gemeinsam Pause. Ich spreche kaum Spanisch, sie kein Deutsch und nur wenig Englisch. Aber es sind die einfachen Gesten, die zählen: ein aufmunterndes Lächeln und ein Apfel, den sie mir anbieten. Dann verabschieden wir uns wieder und sie ziehen weiter. Kurz darauf überholt mich eine Gruppe italienischer Pilger - alles junge Leute, die die ganze Zeit singen. Ich bin mir nicht sicher, ob es italienische Schlager oder geistliche Gesänge im neuen Look waren. Jedenfalls bin ich froh, als wieder etwas Distanz zwischen uns ist, denn auf das italienische Wanderradio habe ich keine Lust. Die Schmerzen und die Hitze nerven mich. Und dann ertappe ich mich immer wieder bei dem geheimen Wunsch, doch noch plötzlich auf die Dänen zu treffen.

Weiter geht es, diesmal aber einen ziemlich steilen Pass bergauf, alles in der prallen Hitze ohne Bäume nur um nach circa zwei Kilometern wieder steil nach unten zu laufen. Es kommt einem vor, wie Schikane. Es ist jetzt bestimmt kurz vor Mittag und ich möchte jetzt nur noch nach Pamplona kommen. Leider dauert es noch gute zwei Stunden bis dahin und die Hitze wird unerträglich. Hinzu kommt, dass mir die Füße brennen.




Als ich in Trinidad de Arre ankomme und die schöne mittelalterliche Brücke (Bild rechts) sehe, bin ich etwas erleichtert. Ich weiss, dass es jetzt nicht mehr so weit bis Pamplona ist und dass die höchsten Berge der Etappe hinter mir liegen. Kurz kommt auch die Versuchung auf, in der Herberge in Trinidad zu bleiben, aber dann befürchte ich, die schöne Stadt Pamplona als Höhepunkt des Weges zu verpassen. Also laufe ich weiter.

Ich komme bald nach Burlada und damit in den städtischen Einzugsbereich von Pamplona. Hier ist es natürlich hektisch und verkehrsreich, also laufe ich so gut ich kann durch. Dank anderer Pilger auf der Strecke verlaufe ich mich nicht auf dem jetzt weniger gut ausgewiesenen Jakobsweg. Verlaufen und damit einen Umweg gehen wäre einfach nur schrecklich jetzt!

Vielleicht eine Stunde später sehe ich die Türme der Kathedrale von Pamplona. Das Ziel ist also fast erreicht. Ich steuere zuerst die Herberge "Casa Paderborn" außerhalb der Stadtmauern an, die von den "Freunden des Jakobsweg in Paderborn" geleitet wird. Dort angekommen, werde ich - völlig fertig - vom Herbergsvater Werner mit erfrischendem Zitronenwasser empfangen und bekomme ein Bett in der schönen und gemütlichen Herberge. Ich nehme eine Dusche und treffe dabei im Badezimmer auf Carla, die Südafrikanerin aus Roncesvalles. Wir unterhalten uns aber nur kurz, weil wir wohl beide zu erschöpft sind. Es sind bestimmt vierzig Grad draussen und ich will mich erstmal ausruhen und beschließe, mir später die Stadt anzusehen.

Am späten Nachmittag beginne ich, Pamplona zu erkunden und weil es noch immer sehr heiss ist, steuere ich zuerst die Kathedrale an. Später dann schlendere ich durch die engen Straßen der Stadt mit ihren kleinen Balkons und finde, dass Pamplona genau so aussieht, wie man es sich vorstellt. Die Altstadt ist nicht sehr groß und wirkt daher auch nicht so hektisch und beunruhigend. Als ich so spaziere, treffe ich plötzlich auf Roy, den Iren. Ich freue mich, ihn wiederzusehen und er erzählt mir nur kurz, dass er auf dem Weg in eine Apotheke ist, denn durch den bisherigen Weg hat er schlimme Blasen bekommen. Dann verabschieden wir uns schon wieder. Danach denke ich an meine eigenen Füße, an denen sich nun auch schon kleinere Blasen bilden. Vor allem am linken Fußballen und an den Zehen gibt es dafür schon Anzeichen, aber ich denke, ich werde damit schon fertig.


Nachdem ich dann noch ein paar Sachen eingekauft habe, suche ich die städtische Herberge in Pamplona auf, um zu schauen, ob ich dort vielleicht meine dänischen Freunde wiedertreffe. Und tatsächlich sitzen Soeren, Lea, Helga und Martin draußen auf der Straße im Schatten und ruhen sich aus. Ich setze mich zu ihnen und wir unterhalten uns wieder eine gute Stunde miteinander. Lea hat noch immer große Probleme mit den Knien und wird mit Soeren, der auch Blasen hat, entweder per Anhalter oder per Bus bis zur nächsten Etappe weiterreisen. Helga, Martin, Britta und Carsten wollen aber weiterlaufen. Da die Dänen insgesamt aber nur maximal zehn Tage auf dem Weg sind und dann wieder heimreisen müssen, heisst es am Abend doch wieder Abschied nehmen und diesmal vermute ich, dass es für immer sein wird. Es fällt mir aber nun nicht mehr so schwer. (Bild oben: Rathaus von Pamplona)
Nach einem weiteren Pilgermenü in Pamplona, das ich aber aufgrund der furchtbar unfreundlichen Bedienung schnell wieder vergessen möchte, gehe ich zur Herberge zurück. In unserem Vierbettzimmer liegen mittlerweile noch ein Pilger aus Südkorea und ein Deutscher. Der Südkoreaner hat natürlich pünktlich vor dem Schlafengehen noch irgendein asiatisches Gebräu auf seine Beine aufgetragen, so dass es nun im Zimmer riecht, wie im Labor. Der Geruch steigt allen Anwesenden in die Nase, aber wir müssen einfach alle nur darüber lachen. Bald schlafe ich dann ein.

Mittwoch, 10. Oktober 2007

Etappe 2: Von Roncesvalles nach Zubiri

Es ist Mittwoch, der 25. Juli 2007, der Tag des Heiligen Jakobus.

Nach einer angenehm ruhigen Nacht in unserem luxuriösen Hotelzimmer in Roncesvalles breche ich gegen 7 Uhr auf zur nächsten Etappe. Die Anstrengung der gestrigen 25 km über die Pyrenäen steckt mir irgendwie noch in den Knochen, aber es ist schönes Wetter und immerhin hatte ich eine warme Dusche im nahezu eigenen Badezimmer und kann nun ausgeruht weiterlaufen.
Da Roncesvalles ja nicht groß ist, habe ich den Ort schon bald verlassen und laufe durch einen gemütlichen Wald. Von Pilgern sehe ich erst weit und breit nichts, auch Carla hatte das Zimmer noch nicht verlassen, als ich aufgebrochen bin. Offenbar sind die meisten auch noch in der Herberge oder ganz früh los. Es ist etwas kühl. Bald überholen mich ein paar Radpilger und hinter mir höre ich jetzt auch drei Italiener, die irgendwie so viel Spass haben, dass sie den ganzen Wald zusammenlachen. Ich finde, dass das die meditative Morgenstimmung etwas trübt und laufe schneller um Distanz zu ihnen aufzubauen. Bald verlasse ich den Wald und komme in den kleinen Ort Burguete. Hier geht es ein Stückchen an der Strasse entlang, die aber nicht sehr stark befahren ist. Jetzt sehe ich auch schon mehrere Pilger in etwas Entfernung vor mir. Da ich Hunger habe, beschliesse ich, in Burguete zu frühstücken und steuere dementsprechend schon kurze Zeit später eine Bäckerei an, die gleichzeitig Café ist. Irgendwie komme ich gerade gleichzeitig mit einer Gruppe von sechs jungen Leuten an, die ungefähr in meinem Alter sind. Sie setzen sich an einen großen Tisch im Vorgarten und da sonst kein Platz mehr frei ist, frage ich, ob ich mich dazusetzen darf. Sie haben nichts dagegen. Drinnen holen wir uns alle Kaffee und ein süßes Gebäckteilchen; ich hole mir auch noch ein Baguettebrot für den Tag. Dann sitzen wir so gemeinsam und kommen auch ins Gespräch. Wir unterhalten uns auf Englisch und ich erfahre, dass sie alle aus Dänemark kommen und befreundet sind. Ich erzähle Ihnen von mir und von meiner Dissertation über ein theologisch-geschichtliches Thema, wofür sie sich sehr interessieren. Es stellt sich heraus, dass Martin Theologie studiert und gerade sein Examen gemacht hat. Soeren ist Jugendpfarrer und entsprechend auch interessiert. Lea hat auch einen Job im Sozialbereich und ist die Freundin von Soeren. Carsten ist derzeit Sozialarbeiter und mit seiner Freundin Britta auf dem Jakobsweg hier. Und Helga ist eine quirlige junge Frau, die noch im letzten Jahr Dialysepatientin war und oft zwischen Leben und Tod schwebte, nun aber dank einer Nierentransplantation auch auf dem Jakobsweg gehen kann und darüber sehr dankbar ist. Wir reden bestimmt fast eine Stunde miteinander und so lerne ich diese sechs Dänen als sehr nette Menschen, als engagierte und tiefgründige Christen kennen und fühle mich mit ihnen auch gleich seltsam nah verbunden. Sie fragen mich, ob ich nicht mit ihnen zusammen laufen möchte und ich freue mich, ihre Gesellschaft weiter geniessen zu können.

Wir laufen gemeinsam durch die nun langsam wieder flacher werdende Landschaft und immer gibt es Gelegenheit mit den einzelnen Leuten wirklich sehr gute Gespräche zu führen. Lea hat allerdings sehr starke Schmerzen in den Knien und kommt nur langsam voran. Soeren entscheidet sich daher, zusätzlich zu seinem Rucksack auch den von Lea zu tragen, wechselt sich aber ab und zu mit Carsten dabei ab. Auch Helga ist langsamer unterwegs, freut sich aber sehr, als ich ihr meinen Pilgerstab ausleihe. Ich merke, wie wichtig mir die Dänen mit jeder Stunde gemeinsamen Weges werden und wie viele Denkimpulse ich für mein Leben mit Gott bekomme und empfinde das schon auf dem Weg als ein riesiges Geschenk. Zwischendurch machen wir an einem kleinen Fluss Pause um unsere Füße im Wasser ein wenig abzukühlen. (Bild links: v.l.n.r. Carsten, Helga sitzend, Soeren, Lea, Britta, Martin) Mittlerweile brennt die Sonne sehr heiss und es geht auf den Mittag zu. Die Pause nutzen wir auch für eine kleine gemeinsame Andacht.

Wenig später geht es bei Lea nicht mehr. Da der Weg doch immer sehr steil bergab und dann wieder bergauf führt, sind die Schmerzen zu stark. Sie und Soeren entscheiden sich, zu einer großen Verkehrsstrasse zu laufen und dort zu versuchen, per Anhalter zum Etappenziel nach Zubiri zu kommen. Also sind wir nun nur noch zu fünft.

Durch die Hitze und den anstrengenden Weg kommen wir alle nur langsam voran und müssen oft Pause machen. Das hält uns zwar auf, gibt aber immer wieder neue Gelegenheiten, die Dänen besser kennen zu lernen. Ich bin erstaunt, wie schnell ich mich an diese Leute gewöhnen kann und gewinne sie alle richtig lieb.

Am frühen Nachmittag geht es kurz vor Zubiri nochmal richtig steil auf einem Geröllweg bergab. Mir brennen die Füße, ganz zu schweigen von den Schultern, denn der Rucksack ist ja seit den Bergen nicht leichter geworden. Als wir unten an der Brücke von Zubiri (Bild unten) ankommen, will ich nur noch in die Herberge und den bescheuerten Rucksack loswerden. Den anderen geht es ähnlich, aber ein Motto geht unter uns um: "Embrace the pain as your friend!" (Umarme den Schmerz als deinen Freund!) Nun ja, so richtig will mir das Moto an der Stelle nicht gefallen, aber ich will weiter darüber nachdenken. Unsere Niedergeschlagenheit wird schlagartig besser, als wir Soeren und Lea sehen, die uns förmlich an der Brücke empfangen. Wir freuen uns alle, dass sie es per Anhalter sicher hierher geschafft haben und gemeinsam ziehen wir in die Herberge ein. Es handelt sich um eine alte umgebaute Schule, bei der diesmal nur 50 Betten in einem Raum stehen und noch genügend Platz für uns alle ist. Nach einer Dusche und etwas Ausruhen geht es uns allen schon viel besser. Martin und ich entscheiden uns aber, doch die Füße noch ein wenig in den Fluss von Zubiri zu halten und machen uns auf den Weg dorthin. Die Entspannungsphase, die dann folgt entschädigt für einige Mühen des Tages und ich geniesse nur noch (Bild rechts: Martin mit Anette, einer anderen deutschen Pilgerin im Fluss).

Am Abend nehmen wir alle noch ein Pilgermenü in einer nahegelegenen Gaststätte ein und haben dabei richtig viel Spass. Später sitzen wir noch gemeinsam vor der Herberge; jeder versucht seine geschundenen und leicht wund werdenden Füße noch mit allerlei Mittelchen zu pflegen. Ich treffe dabei auch noch auf zwei Radpilger aus den Niederlanden, die dort gestartet sind und noch nach Santiago wollen. Es tut auch gut, mal wieder Niederländisch zu sprechen. Allerdings geht mir am Abend vor dem Schlafengehen noch eines durch den Kopf: Auch wenn ich diesen Tag in der Gesellschaft der Dänen sehr genossen habe, denke ich mir, dass ich weniger schnell voran gekommen bin und dass ich die Landschaft weniger geniessen konnte. Eventuell werde ich also wohl morgen wieder allein laufen, aber von den neu gewonnenen Freunden Abschied zu nehmen, täte mir auch sehr weh. Ich beschliesse, das morgen früh zu entscheiden und schlafe ein.

Montag, 8. Oktober 2007

Etappe 1: St-Jean-Pied-de-Port nach Roncesvalles

Es ist Dienstag, der 24. Juli 2007. Es ist 7 Uhr. Ich habe bereits ein kleines Frühstück bei Madame Janine hinter mir, habe meine Sachen gepackt, die Wasserflasche an der Quelle vor der Herberge aufgefüllt und stehe nun vor dem Haus. Es regnet leicht, außerdem ist es recht kühl, also ziehe ich mir Fleece-Pullover und Regenjacke an. Mein Jakobsweg beginnt. Gerade als ich unter dem Port d'Espagne (Bild links) hindurch laufe, läutet die Glocke über mir sieben Mal. Es kommt mir fast wie der Startschuss vor. Mit mir sind noch einige andere Pilger unterwegs, die alle irgendwie unsicher aus den verschiedensten Ecken der Altstadt hervorkriechen und mit auf der Strasse zum Stadtrand laufen. Um mich nicht zu verlaufen, klebe ich an den Wegbeschreibungen meines Wanderführers und achte auf eventuelle gelbe Pfeile oder aufgemalte Jakobsmuscheln, die den Wegverlauf anzeigen. Ich habe mich für die schwierigere aber wohl schönere Route Napoléon entschieden. Die andere Strecke wäre zwar etwas kürzer und weniger steil, führt aber anscheinend oft an der Strasse entlang und dazu habe ich keine Lust. Außerdem denke ich mir, wenn Jakobsweg, dann richtig. Ich überhole plötzlich die beiden Französinnen aus dem Herbergszimmer und wir grüßen uns freundlich. Die beiden sehen in ihren roten Regenponchos lustig aus, aber ich mit meiner blauen Regenjacke und dem roten Basecap wahrscheinlich auch nicht viel besser. Am Ortsausgang von St-Jean geht es schon recht steil bergan und es regnet noch immer. Dann plötzlich komme ich an eine Weggabelung, an der ein älterer Mann etwas ratlos steht. Ich besinne mich, dass sich Pilger gegenseitig helfen und bleibe kurz stehen. Es stellt sich heraus, dass er Deutscher ist und nicht genau weiss, welche Route er nehmen soll. Ich sage ihm, dass die Route Napoléon geradeaus führt und obwohl er schon etwas niedergeschlagen aussieht, entscheidet er sich auch für diese Strecke. Wir laufen aber nicht gemeinsam, denn ich bin etwas schneller unterwegs. Vor mir laufen auch Pilger in etwas Entfernung und hinter mir tauchen wieder die beiden Französinnen auf. Wir kommen wieder ins Gespräch und ich versuche ihnen klarzumachen, dass dies die schwerere Route ist. Sie sind erst etwas unsicher, sagen aber dann, dass es ja auch egal ist und gehen auch diese Strecke.

Nach einigen Minuten habe ich St-Jean endgültig verlassen und der Regen hört auf, ja, es kommt sogar die Sonne durch und scheint ins hinter mir liegende Tal. Die Schatten der Wolken ziehen über die kleiner werdenden Häuschen und rechts neben mir erscheint ein schöner Regenbogen (Bild rechts). Trotz der Anstrengung, die ich nun mittlerweile merke, kommt Freude über dieses Naturschauspiel auf und gleichzeitig ziehe ich neue Kraft daraus. Von nun an geht es furchtbar steil bergauf. Mein Herz rast und die Lunge pumpt. Ich muss öfters stehen bleiben um Luft zu holen. Durch den Regen bin ich von aussen nass und durch das Schwitzen auch von innen. Das klamme Gefühl ist nicht schön. Ich treffe zwar immer wieder auf Pilger, manchmal auch Pilgergruppen, aber kaum einer redet. 'Kein Wunder, die werden natürlich auch kaum Luft bekommen', denke ich mir. Zu all dem kommt noch hinzu, dass mir die Schultern furchtbar schmerzen. Das Gewicht des Rucksacks ist enorm und bald schon muss ich Pause machen, um den Rucksack kurz abzustellen. Ich trinke und trinke, denn bald kommt die nächste Quelle, an der ich nachfüllen muss. Inzwischen hat es wieder angefangen leicht zu regnen und kühler wird es durch die Höhe auch. Aber die Aussicht ist fantastisch. Wir sind schon relativ weit oben, da verlässt der Weg den Asphalt und geht auf einem Geröllweg wieder sehr steil bergan. Ich höre die Mitpilger tief atmen. Weiter geht es nach oben. Von dort bietet sich wieder eine wunderbare Aussicht. Es ist fast, als säße man im Flugzeug und schaue von weit oben hinab auf die Erde. Alles wirkt sehr winzig und die Berge strahlen mit ihren grünen Wiesen eine seltsame Ruhe aus. Wieder kommt die Sonne durch und auf einmal wird es auch sehr warm. Bei einer weiteren Pause ziehe ich die Jacke aus. Ich laufe aber nur wenige Meter so und ziehe sie bald wieder an, denn ich fürchte, dass ich mich erkälte. Mein Fleece-Pullover ist völlig durchgeschwitzt, mein T-Shirt darunter ist so nass, als wäre es im Wasser gelegen. Entsprechend kalt wird es mir bald. Also laufe ich in voller Montur weiter, bald läuft das Schwitzwasser zu den Ärmeln heraus. Das ist echt unangenehm!

Der Weg geht jetzt noch immer bergan, aber nicht mehr so steil. Vor mir, hinter mir und neben mir sind endlose Wiesen, in der Ferne höre ich seltsames Läuten. Plötzlich kommt mir auf dem Weg eine Herde freilaufender Pferde entgegen. Es sind bestimmt acht oder zehn Pferde und einige haben Glocken um den Hals. Sie schauen mich neugierig an, halten aber auch Distanz und gehen schließlich am äußersten Rand des Weges an mir vorbei, was mir, ehrlich gesagt, auch ganz recht ist. Diese Szene wiederholt sich noch einige Male auf dem Weg. Von den Weiden her höre ich weiteres Läuten und merke bald, dass auch die Kühe und die Schafe (Bild unten) Glöckchen haben und hier oben in den Pyrenäen ihr ganz eigenes Konzert anstimmen. Die Abstände zu den Mitpilgern vergrössern sich und so fühle ich mich bald relativ allein. Die Anstrengung ist groß, vor allem in den Schultern wegen dem Rucksack. Die Füße machen keine Probleme.







Bald erreiche ich die Vierge de Biakorri, eine Marienstatue mitten in den Bergen (Bild rechts). Sie ist aus der Ferne kaum auszumachen, aber ich entscheide mich, dort eine kurze Pause einzulegen.






Kurz danach steht ein weiterer Pass an und zur Feier des Tages ist dieser jetzt vollkommen in Nebel gehüllt. Auf einem Pfad, der übersät ist mit Geröll und der steil bergauf führt, geht es in den Nebel. Ich kann kaum zehn Meter weit sehen. Ich komme oben an, bin völlig fertig und denke das erste Mal: 'Vielleicht ist der Jakobsweg doch eine Nummer zu groß für mich und ich sollte es sein lassen.' Aber neben mir steht ein älterer Mann mit kurzen weißen Haaren, der sich ausruht, weil ihn dieser Pass genauso geschlaucht hat, wie mich. Ich stelle mich kurz neben ihn und denke dann: 'Wenn er das schafft, dann muss ich junger Spunt das doch auch schaffen.' Außerdem wird diese Etappe als die schwierigste des Weges beschrieben, also kann es danach nicht mehr schwerer werden. Wenn ich es hier also schaffe, werde ich wohl alle anderen Etappen auch schaffen. Der ältere Mann geht weiter, ich nasche noch schnell ein Stück Schokolade um Energie zu tanken. Kurze Zeit später überhole ich ihn und wir grüßen uns wieder freundlich. Uns beiden ist wohl bewusst, dass wir Leidensgenossen sind. Wir kommen ins Gespräch - auf Französisch. Er antwortet auf meine Frage, wo er herkomme: "Je suis Ierlandais." und ich freue mich, weil ich verstehe: "Je suis Neerlandais." Ich denke schon, dass ich mich mit ihm jetzt auf Niederländisch unterhalten kann, als er wiederholt und mitteilt, dass er Ire sei. Na gut, dann reden wir eben Englisch; alles ist besser als Französisch. Wir kommen an eine Quelle und unterhalten uns nur ein wenig. Die Anstrengung lässt keine langen Gespräche zu. Ich gehe dann weiter und er bleibt noch zurück. Rechts neben mir geht es nun einen steilen Hang hinunter, der mit Buchen dicht bewachsen ist zwischen denen sich der Nebel festgehangen hat. Es wirkt gespenstig.

Bald darauf treffe ich auf eine junge Pilgerin, die mir seltsam bekannt ist: es ist die junge Mitpilgerin, die am Bahnhof von Bayonne neben mir saß. Sie lacht, als sie mich sieht und nun unterhalten wir uns ein wenig. Sie ist auch ziemlich fertig, kann aber noch lächeln. Dann verabschiede ich mich wieder und ziehe weiter. Jetzt wird der Weg furchtbar und von Weg kann man eigentlich nicht mehr reden, denn vor mir ist nur noch Schlamm, Matsch und Wasser. Ich gehe also am Hang entlang auf kleinen Trampelpfaden, die andere Pilger vor mir als Alternative zur Schlammschlacht in den Pyrenäen angelegt haben. Auf diese Weise bin ich zwar ständig der Gefahr ausgesetzt, abzurutschen und mir was zu zerren oder gar zu brechen, aber wenigstens bin ich nicht vollkommen verdreckt.

Einige Zeit später sind die Pyrenäen fast überwunden und in der Ferne ist das Kloster von Roncesvalles (Bild oben) schon auszumachen. Jetzt gilt es den Abstieg zu meistern. Aufgrund der Warnungen meines Wanderführers gehe ich den Asphaltweg, denn der Waldweg soll zwar kürzer aber auch eine Tortur für die Knie sein. Die Sonne scheint nun wieder und mir ist wieder schrecklich warm. Auch wenn das der leichte Abstieg ist, so brennen mir trotzdem die Füße unerbittlich und auch hier geht es sehr steil bergab. Die Abtei will auch irgendwie nicht wirklich näher kommen.

Gegen 14:30 Uhr komme ich dann doch am Kloster an, nur um zu erfahren, dass das Pilgerbüro erst wieder um 16 Uhr öffnet und man vorher auch nicht in die Herberge komme. Ich bin entkräftet und genervt. Ich will nur noch aus meinen klammen Klamotten heraus und habe nicht wirklich Lust, mit 100 anderen Pilgern und 200 stinkigen Pilgerschuhen in einem Raum zu schlafen. Also entscheide ich mich, mir den Luxus eines Pensionszimmers zu gönnen. Roncesvalles hat ganze zwei Pensionen, die zusammen mit dem Kloster dann auch schon den Ort ausmachen. In der einen Pension ist alles voll, die andere bietet mir ein Doppelzimmer für 70 Euro die Nacht. Das ist ein herber Rückschlag, doch dann läuft mir plötzlich die bekannte Mitpilgerin von Bayonne wieder über den Weg. Auch sie ist fertig und wir unterhalten uns ein wenig. Irgendwann frage ich sie dann ob sie sich vorstellen könnte, sich mit mir ein Doppelzimmer in der Pension zu teilen. Da die Betten zu trennen sind, ist sie einverstanden und es klappt doch noch mit der Luxusübernachtung. Das Pilgerdasein ist mir - ehrlich gesagt - nach dieser Hammeretappe ziemlich egal. Ich freue mich über die warme Dusche, das sehr schöne Zimmer und die Gesellschaft der Mitpilgerin, von der ich erfahre, dass sie Carla heisst und aus Südafrika kommt.

Am Abend gönne ich mir zudem noch ein Pilgermenü, also ein dreigängiges Abendessen (Bohnensuppe, Forelle mit Pommes, Joghurt) für 8 Euro in der Pension. Dort sitze ich wieder neben meinem älteren irischen Mitpilger, der Roy heisst und vor hat, nur bis Logrono zu laufen. Wir haben einen schönen Abend und lernen uns ein wenig näher kennen.

Der Abend wird dann mit der Pilgermesse im Kloster beendet. Wir Pilger aus aller Herren Länder werden hier besonders gesegnet und fallen anschließend wohl alle todmüde ins Bett. Aber die angeblich schwerste Etappe ist jedenfalls schon mal geschafft!

Sonntag, 7. Oktober 2007

Von Bayonne nach St-Jean-Pied-de-Port - Ankunft am Jakobsweg

Es ist Montag, der 23. Juli 2007. Ich sitze am Bahnhof von Bayonne und warte, dass mich der Zug zu meinem Startort St-Jean-Pied-de-Port am Fuße der Pyrenäen bringt. Noch einmal geht mir meine Anreise über Paris durch Frankreich durch den Kopf und ich denke nur, dass das ein reines Stresserlebnis war. Ich freue mich nun darauf, nach St-Jean zu kommen und am Beginn meines Jakobsweges zu stehen. Das Wetter ist nach einem heftigen Regenguss von eben wieder schön. Neben mich hat sich eine junge Frau auf die Bahnhofsbank gesetzt; sie ist etwa in meinem Alter. Neben ihr steht ein großer Rucksack, der meinem nicht ganz unähnlich ist und so denke ich mir, dass es sich bei ihr auch um eine Pilgerin handelt. Ich traue mich aber nicht, sie anzusprechen. Plötzlich holt sie ein mir seltsam bekanntes rotes Buch hervor und beginnt darin zu blättern. Es ist der gleiche Wanderführer, den ich auch habe - der Rother Wanderführer zum spanischen Jakobsweg, nur ihrer ist in Englisch. 'Hmm,' denke ich mir 'das ist also wirklich eine Pilgerin!' Kurze Zeit später fällt mir auf, dass einer ihrer Schnürsenkel offen ist und ich weise sie freundlich darauf hin. Sie bedankt sich.

Wenige Augenblicke später sitze ich im Zug, der sehr leer ist. Die Mitpilgerin sitzt in einem anderen Wagen, aber neben mir auf der anderen Seite des Wagens sitzt wohl noch ein Pilger, denn er hat ebenfalls einen dicken Rucksack und einen Strohhut dabei. Der Zug setzt sich in Bewegung und wir verlassen Bayonne. Schon kurz darauf fahren wir durch wilde Natur und ich bin erstaunt, wie schnell sich die Landschaft in kurzer Zeit verändern kann. Auf einmal erheben sich majestätisch neben uns hohe Berge, die anfangs noch wie Samthügel mit saftig grüner Wiese überzogen sind und später dann mit dunklen Wäldern bedeckt sind. Wir rattern mit unserem kleinen Zug durch diese ehrfurchtsvolle Landschaft ganz gemütlich, durchqueren das ein oder andere Tunnel und fahren mithin an einem reissenden Bergfluss entlang. Hin und wieder tauchen Schaf- und Kuhherden auf. Alles wirkt so entspannend und lässt mich den Stress und die Ungemütlichkeit von Paris Montparnasse vergessen. Die Sonne scheint in unseren kleinen Pilgerexpress hinein und meine Gedanken schweifen ab zu den Bergen, die sich mir zeigen. Mit Ehrfurcht und Respekt schaue ich zu diesen Schönheiten der Natur hinauf und merke doch, dass ich Lust und Motivation verspüre, schon morgen durch diese Berge zu wandern. Natürlich denke ich mir auch, dass es wohl anstrengend werden kann, aber im Moment möchte ich da eigentlich gerne hoch.

Nach gut einer Stunde Fahrt erreichen wir den kleinen Bahnhof von St-Jean-Pied-de-Port. Wieder kommt etwas Angst auf, wie es jetzt weitergeht. Die Sonne scheint aber noch immer, ja es ist sogar recht warm und vor uns liegt das beschauliche St-Jean. Ich steige aus und sehe, dass auch der Pilger neben mir aussteigt und weiter hinten auch die Mitpilgerin vom Bahnhof. Ich denke mir, dass ich wohl jetzt mal eine Herberge zwecks Übernachtung ansteuern muss. Die anderen beiden tun dasselbe und schon kommen wir das erste Mal kurz ins Gespräch. Ich stelle fest, dass der Pilger neben mir aus Italien kommt, die Banknachbarin vom Bahnhof lerne ich nicht näher kennen. Nach einigem Fragen und Umherlaufen betreten wir die Altstadt von St-Jean und ich fühle mich trotz der vielen Leute hier gleich richtig wohl. Es gibt hier kleine Gässchen, alte Häuser, alte mittelalterliche Stadtmauern und über all dem thront hoch oben die Zitadelle von St-Jean. Wir drei gehen nun schon eine Weile gemeinsam, halten aber immernoch ziemliche Distanz zueinander. Wir treffen am Pilgerbüro ein und dort verlieren wir uns dann. Eine freundliche ältere Dame bittet mich, einige Statistiken auszufüllen, gibt mir meinen ersten Stempel in meinen Pilgerpass, versorgt mich mit einigen Informationen zu den bevorstehenden Etappen des Weges und weist mir eine Herberge zum Schlafen zu. Ich begebe mich also zu dieser Herberge, die direkt unterhalb der Zitadelle liegt. Eine andere ältere Dame namens Madame Janine empfängt mich und weist mir ein Bett zu. Zuerst wirkt sie etwas garstig, aber das liegt vielmehr an meinem schlechten Französisch. Ich begebe mich in den untersten Stock in unser Zimmer. Es stehen sechs Betten darin, davon sind drei schon besetzt mit zwei älteren Französinnen, die aussehen, als wären sie Schwestern und unter mir liegt ein junger Engländer. Wir vier kommen etwas ins Gespräch und so bilden sich erste wohltuende Kontakte heraus. Die beiden Französinnen sind keine Schwestern, aber gute Freundinnen, die nur die Etappe nach Roncesvalles gehen wollen. Außerdem fühlen sie sich wohl meinem schlechten Französisch pädagogisch verpflichtet und weisen mich freundlich immer wieder auf meine Fehler hin. Der junge Engländer kommt aus London, heisst Alex und will auch bis nach Santiago, ist aber nach der Anreise ziemlich müde und schläft bald ein. Ich gehe mich erstmal duschen, denn der Schmutz von Paris hängt mir noch an. Dann mache ich mich auf den Weg, St-Jean zu erkunden und noch einige Dinge einzukaufen, die ich brauche. St-Jean ist wirklich bildschön, man fühlt sich fast wie im Mittelalter und abends, wenn all die Touristen weg sind, ist es noch schöner. In einem Geschäft kurz vor dem Port d'Espagne, durch welches ich morgen meinen Weg beginnen werde, finde ich einen schönen Pilgerstab, der durch seine Schlichtheit überzeugt. Es ist ein einfacher Stock mit Metallspitze, einem Lederbändchen und einer kleinen eingravierten Jakobsmuschel. Ein richtiges Exemplar einer Jakobsmuschel finde ich wenig später noch in einem anderen Laden. Die hänge ich mir als sichtbares Zeichen meiner Pilgerschaft an den Rucksack. In den kleinen Lebensmittelläden, die noch sehr handwerklich und provinziell gemütlich sind, versorge ich mich mit lokalem Käse, ein wenig Wurst und Obst für die morgige Etappe.

Am Abend dann sitze ich gemütlich im Garten der Herberge mit tollem Blick auf das unter mir liegende St-Jean, geniesse mein Abendessen und komme so richtig an am Jakobsweg. Ein Gefühl tiefer Dankbarkeit und Zufriedenheit umgibt mich. Ich merke, dass mich Gott hier in St-Jean am Bahnhof abgeholt hat und mich versorgt. Es geht mir gut und morgen werde ich auf den Jakobsweg aufbrechen. Vorher aber treffe ich noch auf einen netten älteren Herrn aus Aachen, der als Radpilger unterwegs ist und sich zum Abendessen an den Gartentisch gesellt. Wir reden lange miteinander, sprechen über die Gründe für unsere Reise, er über seine Erfahrungen, ich über meine Erwartungen. Er gibt mir viele hilfreiche Tipps und ich fühle mich nun wirklich nicht mehr allein. Kurz vor dem Schlafengehen steige ich noch einmal auf zur Zitadelle, geniesse die warme Abendsonne und blicke erwartungsvoll in Richtung der Berge, die förmlich auf mich warten. Ich danke Gott für eine beschützte Anreise und gehe zurück zur Herberge um zu schlafen.

Freitag, 5. Oktober 2007

Von Bayreuth nach Bayonne - Anreise zum Jakobsweg

Es ist Sonntag, der 22. Juli 2007. Vor mir steht mein Rucksack, vollgepackt mit meinen Sachen, an der Seite die Isomatte und oben draufgeschnallt mein Schlafsack. Die ganze Sache wiegt nun an der Federwaage fast 13 kg und ich denke mir, dass es vielleicht doch zu schwer sein könnte, kann aber auf nichts mehr verzichten. Um meinen Bauch ist die Bauchtasche geschnallt mit den Reisedokumenten und den Dingen, die ich am Flughafen in Nürnberg nicht aufgeben möchte. Ich schnalle meinen Rucksack auf und laufe in meinen globigen Wanderschuhen, die zur Hälfte von den Jeans bedeckt sind in die Küche. Ich kann es mir nicht verkneifen, meiner Mitbewohnerin dort an der Küchentafel einen kleinen Abschiedsgruß zu hinterlassen: "Ich bin dann mal weg...".
Ich verlasse die Wohnung mit dem bewussten Gedanken, sie in den nächsten sechs Wochen nicht wiederzusehen. 'Wie wird das wohl sein, wenn ich wiederkomme?' denke ich mir. 'Was wird mich in der nächsten Zeit erwarten? Wo werde ich heute Nacht schlafen?' All diese Gedanken bereiten mir ein mulmiges Gefühl im Bauch. Ich habe Angst. Es ist vor allem die Unsicherheit über das was kommen mag, das mir Angst macht. Wie schön wäre es, wenn jetzt jemand bei mir wäre, Freunde oder meine Eltern. Und doch, es ist auch wieder gut, dass ich allein bin, denn ich muss da jetzt durch. Die Idee ist in mir allein gewachsen, ich werde allein den Jakobsweg gehen, also verlasse ich jetzt auch allein Bayreuth.
Im Zug nach Nürnberg rauscht die oberfränkische Landschaft bei schönem Wetter an mir vorbei und ich denke mir, dass es hier doch auch schön ist. In mir kommt fast schon eine Art Endzeitstimmung auf und das führt dazu, dass ich alles sehr zufrieden und bewusst wahrnehme. In Nürnberg am Hauptbahnhof klingelt mein Handy: meine Eltern rufen mich an und dafür bin ich sehr dankbar. Ich kann jetzt ein paar nette Worte gebrauchen und außerdem kann ich so gleich nachfragen, mit welcher U-Bahn ich am besten zum Flughafen komme. Alles klappt prima.
Am Flughafen gehe ich zu meinem Schalter, muss nicht lange warten und bekomme meine Bordkarte. Die Frau verlangt aber irgendwie doch etwas barsch, dass ich die Schlaufen meines Rucksackes besser zusammenbinden soll. Da mir das nicht gelingt, schickt sie mich zum Schalter für Sperrgepäck. Dort wird mein Rucksack durchleuchtet und ich werde gefragt, was für ein großer seltsamer metallener Gegenstand das da drinnen sei. Ich weiss im Moment selbst nicht, was die meinen, öffne meinen Rucksack und hole dann einen Beutel nach dem anderen raus. Da plötzlich fällt mir ein was die meinen: mein Kompass. Naja, gut, ist wirklich ein Riesenteil - ein Schiffskompass den ich seinerzeit in Holland gekauft und aufgrund seines Alters liebgewonnen habe. In dem Moment am Flughafen aber denke ich mir, wie doof, so ein Riesenteil mitzunehmen, aber wer weiss, vielleicht brauche ich ihn noch. Die Beamten sind zufrieden, aber auch irgendwie beeindruckt. Ich packe zusammen und verlasse, nahezu gepäcklos, den Schalter.

Dann klingelt wieder das Handy und ich freue mich, wieder mit meinen Eltern reden zu können. So kann ich meine Ängste aber auch Hoffnungen loswerden, Nervosität abbauen. Dann heisst es Abschied nehmen, denn der Abflug naht heran. Es fällt uns allen schwer.


Der Flug verläuft gut, keine Zwischenfälle, keine nervigen Sitznachbarn, ganz im Gegenteil, eine ganze Reihe für mich.

Gegen 20 Uhr landen wir in Paris Charles de Gaulle. Ich bekomme meinen Rucksack wieder - alles noch dran und nichts kaputt. Ich überlege mir, in welchem Terminal ich schlafen kann, denn mein Zug geht erst am Morgen um 7:15 Uhr. Der Flughafen ist voll mit Leuten, es herrscht nervende Betriebsamkeit. Ich gehe in das Abflugsterminal, dort ist es ruhiger aber es herrscht eine nüchterne Kühle. Irgendwann gegen 21 Uhr sitze ich in einem Wartesaal und bekomme so in der Entfernung und gefiltert durch mein eingerostetes Französisch mit, dass der Flughafen wohl nachts schliesst. Ich bin unschlüssig, was ich machen soll, denn ich dachte der Bahnhof macht auch nachts zu. Wo soll ich denn die Nacht verbringen? Dann fällt mir ein, dass ich morgen ja in aller Frühe mit dem Zug in die Stadt fahren muss und ich bin mir nicht sicher, ob die Fahrkartenschalter dann schon geöffnet sind. Die Automaten nehmen irgendwie nur Kreditkarten. Also gehe ich an den Schalter und kaufe ein Ticket. Mit meinem schlechten Französisch frage ich, ob das Ticket auch am nächsten Morgen noch gelte, doch der Typ dort will mich wohl nicht verstehen und sagt dann immer nur noch "Non!". Mist, also steige ich doch jetzt besser in den Zug und bin dann wenigstens schon mal am Bahnhof.

Der Zug bringt mich in die Innenstadt. Ich bin schrecklich müde, aber es ist um mich immer noch sehr hektisch. Irgendwie komme ich dann per U-Bahn zum Bahnhof Montparnasse, der schlicht hässlich ist. Ich bleibe einfach auf einer Bank, auf der man aber nicht liegen kann. Um mich sind noch drei Leute verstreut und das beruhigt mich. Irgendwann wird es sehr still im Bahnhof, teilweise gehen auch die Lichter aus - es ist schon fast unheimlich, aber ich bin noch immer nicht allein. Mein Kopf sinkt immer wieder auf meinen Rucksack und ich döse für einige Minuten weg. Gegen 6 Uhr tun mir alle Knochen weh, aber es ist fast überstanden und man hat uns nicht aus dem Bahnhof geschmissen. Ich brauche etwas frische Luft und gehe vor den Bahnhof. Unten bei den Lüftungsschächten laufen bestimmt fünf Ratten herum, es regnet leicht und alles wirkt total hässlich. Ich bin ziemlich genervt.
Um 7 Uhr steige ich in den TGV ein, den ich mir viel komfortabler vorgestellt habe. Neben mir sitzt ein Franzose, mit dem ich ganz kurz ins Gespräch komme, aber meine Sprachkenntnisse sind schrecklich und ich ärgere mich darüber. Fünf Jahre Französisch in der Schule und was bleibt davon - sehr sehr wenig. Die Zugfahrt ist angenehm ruhig und dauert fast fünf Stunden. Den ganzen Tag regnet es und Frankreich wirkt trist und grau. Als wir in Bayonne ankommen und ich aussteige, wünscht mir der Franzose noch einen schönen Tag. Ich erwidere und denke mir, dass ich wirklich einen schönen Tag brauchen kann. Jetzt muss ich aber noch zwei Stunden warten, bis der Zug von Bayonne zu meinem Startort St-Jean-Pied-de-Port abfährt. Nach all dem Stress bisher, sehne ich den Jakobsweg nun fast schon herbei. Die Unsicherheit ist aber immer noch da und mittlerweile kommt eine Gewissheit hinzu: all meine Freunde, Familie, meine vertraute Umgebung sind viele viele Kilometer entfernt und ich bin hier ganz allein.

Mittwoch, 3. Oktober 2007

Zurück in Deutschland ... und wieder los!



Nun bin ich schon ungefähr 4 Wochen wieder in Deutschland und habe bisher noch keinen neuen Post hier veröffentlicht. Sicher war es auch erst einmal wichtig, die Eindrücke des Weges für mich selbst zu verarbeiten und das braucht natürlich auch seine Zeit. Dann hatte ich ehrlich gesagt auch überlegt, ob ich dieses Weblog weiterführen könnte, denn natürlich is der Weg jetzt vorbei und es dann in der Retrospektive niederzuschreiben kann für viele ohne großen Wert sein, weil es ja dann nicht mehr "live" ist. Außerdem hatte ich den Plan verfolgt, meine Erlebnisse auf dem Jakobsweg eventuell auch in anderer Form noch publik zu machen. Nun ja, ich habe den Denkprozess dazu nun abgeschlossen und bin zu dem Ergebnis gekommen, dass ich das Weblog doch gern fortsetzen möchte. Dafür sind verschiedene Gründe zu nennen: Zunächst einmal habe ich bereits durch die e-mails, die ich vom Weg aus verschickt habe und die Reaktionen darauf bemerkt, dass großes Interesse an den Erfahrungen des Weges besteht. Dies hat sich auch nach meiner Rückkehr gezeigt und viele Menschen würden wohl gern mehr darüber erfahren. Nun ist es schwierig, mit jedem einzelnen ins Gespräch zu kommen und zeitlich kann man die Tiefenwirkung des Jakobsweges auch nicht eben in eine Stunde Gespräch stopfen ganz zu schweigen von den nahezu 600 Fotos die ich gemacht habe. Das Weblog ist daher eine gute Möglichkeit, meine Erlebnisse einigermaßen ausführlich einem breiten Publikum zu präsentieren. Außerdem besteht ja durch die Kommentarfunktion die Möglichkeit, Fragen zu stellen oder Anmerkungen zu hinterlassen, auf die ich dann reagieren kann. Für mich ist das Fortführen des Weblogs übrigens auch noch eine schöne Gelegenheit, den Weg auch weiterhin zu reflektieren und noch einmal vor dem geistigen Auge zu erleben. Außerdem hätte ich wohl zu einer anderen Form der schriftlichen Verarbeitung momentan keine Zeit. Wie Ihr also seht, spricht einiges dafür, das Weblog fortzusetzen. Wer sich zwischendurch ausblenden will, kann das ja jederzeit tun (wohingegen es ja unfreundlich ist, z.B. bei einem Vortrag einzuschlafen oder zu gehen ;)).

Ich möchte nun das Weblog gerne in der Art eines Wegetagebuches gestalten, d.h. dass ich jede einzelne Etappe mit den Eindrücken in einem Post wiedergebe und auch das eine oder andere Foto dazu einstelle. Das heisst also, dass es sozusagen wieder los geht mit dem Jakobsweg, wenngleich auch in virtueller Weise. Ich hoffe, Ihr habt Freude daran. Solltet Ihr wie gesagt Fragen haben, dann stellt die doch bitte in Form eines Kommentars, den ich dann auch beantworten kann. Auch jegliche Form konstruktiver Kritik oder eigenen Erfahrungsaustausches bzw. Anmerkungen sind in dieser Form willkommen. Ich freue mich also, Euch auf meinem Jakobsweg mitnehmen zu können.

Euer Dirk.