Mittwoch, 27. August 2008

Zurück nach Santiago de Compostela

Es ist Montag, der 3. September 2007.

Morgens nehme ich noch schnell mein Frühstück ein, packe den Rest meiner Sachen und begebe mich dann zur Bushaltestelle von Finisterre. Der Abschied von meinem kleinen Palast hier fällt mir schon schwer. Noch schwerer aber fällt es mir, Finisterre zu verlassen. Nachdem wir alle unser Gepäck verstaut haben und im Bus sitzen, fühle ich mich doch etwas komisch. In den beiden Tagen ist mir dieser Ort so vertraut geworden, dass ich ungern abreise, auch wenn es wieder zurück in das schöne Santiago geht. Als der Bus den Ort dann verlässt, muss ich auch mit ein paar Tränen kämpfen, denn nun beginnt für mich wirklich die Phase der Rückreise.
Circa drei Stunden fahren wir entlang der Costa da Morte durch die Landschaft und das Gefühl, nun in der Gewalt eines Busses zu sein und mein Vorankommen vom Geschick eines Busfahrers abhängig zu machen, ist ungewohnt und sogar ein wenig beklemmend. Auf meine Füße konnte ich mich in den vergangenen Wochen nahezu immer verlassen und wenn es mal nicht mehr ging, wusste ich es gut einzuschätzen. Nun aber sitze ich wieder in einem Bus und bin allem mehr oder weniger hilflos ausgeliefert. Die Busreise selbst ist aber nicht unangenehm oder unsicher und je länger ich mitfahre, desto schneller gewöhne ich mich auch wieder daran.
Gegen Mittag erreichen wir den Busbahnhof von Santiago de Compostela. Wieder trage ich meinen Rucksack und marschiere in Richtung Innenstadt. Die Szene erinnert stark daran, wie ich vor einigen Tagen hier zum ersten Mal einzog. Als ich zum großen Platz vor der Kathedrale komme, merke ich aber schon, dass sich Santiago innerhalb der wenigen Tage meiner Abwesenheit stark verändert hat. Zwar ist das Wetter noch immer wunderschön und auch die Gebäude stehen noch am selben Ort, aber die Menschen sind auf einmal andere. Plötzlich sehe ich viele Touristengruppen herumziehen und nur wenige Pilger. Damit hat die Stadt ein wenig an Flair verloren, finde ich und ich glaube nicht, dass meine Wahrnehmung nur darauf zurückzuführen ist, dass alle meine Bekannten und Freunde des Pilgerweges nun nicht mehr da sind, sondern wieder zu Hause.



Mir wird damit aber auch auf eine leicht schmerzhafte Weise bewusst, dass ich nun auch nicht mehr wirklich hier hin gehöre, sondern dass mein Platz wieder zu Hause bei meiner Familie, meinen Freunden und Kollegen und bei meiner Arbeit ist.
Die Übernachtung kann ich wieder günstig regeln. Ich schlafe in einer Pension unterhalb des Fünf-Sterne-Hotels Parador Nacional, nur eine Minute von der Kathedrale entfernt. Am späten Nachmittag hole ich bei der Post mein Paket mit den Sachen ab, die ich in Burgos postlagernd aufgegeben hatte, kaufe noch ein paar Souvenirs ein und regele im Internetcafé meine Rückreise. Am Abend dann besuche ich die Messe in der Kathedrale, die zwar keine Pilgermesse ist, mir aber trotzdem sehr gefällt und auch wieder einen Ruhepunkt im nun beginnenden Rückreisetrubel darstellt. Nach der Messe treffe ich auf der Straße dann doch wieder ein bekanntes Gesicht: Edgar der Schweizer ist von seiner Wanderung nach Muxía auch wieder nach Santiago zurückgekehrt und nun beschließen wir, gemeinsam noch zu Abend zu essen. Bei dem sehr stilvollen Menu del dia können auch wir noch einmal einige Stationen des Weges besprechen und ein gutes, tiefgründiges Gespräch führen. Ich freue mich sehr, dass ich so den letzten Abend in Santiago noch mit einem netten Mitpilger verbringen kann und nicht ganz allein bin. Morgen am Nachmittag gilt es dann, endgültig Abschied zu nehmen.