Dienstag, 26. August 2008

Bis ans Ende der Welt 5: Finisterre

Es ist Sonntag, der 2. September 2007.

Heute morgen schlafe ich richtig aus und frühstücke reichlich und in aller Ruhe. Danach gehe ich noch einmal zum Hafen und bummele durch die ruhige Innenstadt. Da meine Füße nun aber trotzdem eine Herausforderung suchen, trete ich noch einmal den Weg zum Kap an, diesmal jedoch nähere ich mich ihm über den Monte Guillermo. Dieser Berg, der die Inselzunge dominiert erhebt sich über dem Kap und bietet genau die richtige Antwort auf das Bedürfnis, meinen Füßen wieder etwas Arbeit zu verschaffen. Beim Aufstieg geht es dann auch recht steil bergan aber der Weg ist wunderschön still und das Wetter ist prima. Als ich mich der Bergspitze nähere, stoße ich zunächst auf eine Art Wetterstation und dann auf mehrere große Monolithen, die hier oben gelangweilt herumliegen. Da es hier oben menschenleer ist, komme ich mir ein wenig vor, wie in der Steinzeit. Dann gehe ich bis zum höchsten Punkt, besteige einige dieser Felsen, die sich in der Heidelandschaft hier oben hervorheben und genieße den wundervollen Ausblick auf den weiten Ozean und das entfernt liegende Kap von Finisterre mit dem Leuchtturm. Die Menschen dort unten wirken wie winzige Puppen, obwohl ich mich nur ca. 240m über dem Meeresspiegel befinde. Es ist ein beeindruckender Ort und so lasse ich mir eine Weile den Wind ins Gesicht blasen und nutze die Gelegenheit wieder zum Nachdenken.



Hinter mir liegen nun knapp 900 km Wegstrecke und knapp sechs Wochen Zeit. Am Anfang dieser Reise standen einige Ängste und Unsicherheiten, auf dem Weg gab es physische und psychische Herausforderungen verschiedenster Art. Das ich all das gemeistert habe, mich den Ängsten und Unsicherheiten gestellt habe, nicht aufgegeben habe, meine Grenzen erkannt und zum Teil auch akzeptiert habe ist ein großer Gewinn. Man sagt im Zusammenhang mit dem Jakobsweg oft, der Weg sei das Ziel. Ich finde diese Aussage ist richtig, wenngleich das Ziel Santiago eine wunderbare Belohnung ist. Letztlich aber müssen alle Pilger wieder abreisen und dann können wir all die Erfahrungen und Erinnerungen, die Erkenntnisse und Gewissheiten als ein mobiles Ziel mitnehmen und vielleicht auch einigermaßen dauerhaft in unserem Leben verankern. Ich persönlich wünsche mir, dass dieser Jakobsweg und der Segen, den ich durch ihn empfangen habe, ein dauerhafter Bestandteil meiner Persönlichkeit und meines Lebens bleiben. Hier oben, auf dem Berg über dem Ende der Welt ist dieser Wunsch ganz präsent.



Nach einer Weile trete ich den Abstieg in Richtung Leuchtturm an und begebe mich wieder zurück in die Stadt. Dem Bedürfnis meiner Füße ist genüge getan und nach einer kleinen Mittagspause gönne ich mir nun Entspannung am Strand.
Der Abend klingt langsam aus und dann gilt es die Sachen zu packen, denn morgen früh werde ich das erste Mal seit sechs Wochen wieder einen fahrbaren Untersatz, also den Bus zurück nach Santiago besteigen.